Spaziergang durch Gneis

Auf einem Spaziergang in Gneis vom Kommunalfriedhof zur Birkensiedlung entlang des Almkanals stoßen wir auf ein verlassenes Haus mit dunkler Vergangenheit, schaurige Henkersgeschichten, eine bemerkenswerte Wasserader und eine Weide mit Köpfchen. 

Almkanal in Gneis (c) STADTBEKANNT Zohmann

Almkanal in Gneis (c) STADTBEKANNT Zohmann

Durch den Friedhof

Stolz darf er sich als Salzburgs Größter bezeichnen. Der Kommunalfriedhof wacht über unglaubliche 22.000 Grabstellen und bildet den Startpunkt für den heutigen Spaziergang. Als wir im Schatten der 1.600 Bäume durch die schön gepflegte Anlage flanieren, verrät er uns ein kleines Geheimnis. Er wurde schon „bestorben“, als er eigentlich noch gar nicht bereit dafür war. Sechs Jahre vor seiner geplanten Eröffnung 1879 brach eine verheerende Cholera-Epidemie in Salzburg aus. Da man Platz für die unzähligen Opfer brauchte, musste der Kommunalfriedhof verfrüht für erste Begräbnisse herhalten. Die erste „offiziell“ Bestattete schließlich war die Nonntal-Wirtin Theresia Mayr. Ihr folgten im ersten Jahr 377 weitere Menschen in die kommunalfriedhöfliche Erde.

Kommunalfriedhof (c) STADTBEKANNT Zohmann

Kommunalfriedhof (c) STADTBEKANNT Zohmann

In die Hölle

Welche Station folgt nach dem Friedhof? Da ein Spaziergang nach Himmelreich von hier aus etwa eineinhalb Stunden dauern würde, nehmen wir doch lieber die Hölle in Kauf. Immerhin hat sich der Gasthof mit dem netten Namen direkt neben dem Friedhof ein wirklich gemütliches Plätzchen geschaffen. Feuer schürt man hier ausschließlich in der Küche und das auch nur, um mit österreichischer Kost die Hungerqual der Einkehrenden zu lindern. Im Gastgarten unterm Kastanienbaum sitzend entnehmen wir der Speisekarte, dass der Gasthof vor etwa 210 Jahren erstmals urkundlich als „Galgenwirtshaus“ Erwähnung fand. Und das natürlich nicht ohne Grund.

Gasthof Hölle in Gneis (c) STADTBEKANNT Zohmann

Gasthof Hölle in Gneis (c) STADTBEKANNT Zohmann

An den Galgen

Denn nur ein paar Gehminuten entfernt befindet sich die Neukommgasse, früher bekannt als „Totenweg“. Hier stößt man bei Nummer 26 auf das wahre Scharfrichterhaus, das absolut nichts mit dem vermeintlichen Henkerhäusl am Krauthügel zu tun hat. Dieses hier beherbergte in der Tat artig die Salzburger Henker und war trauriger Zeuge zahlreicher Hinrichtungen. Es atmete wohl erleichtert auf, als man ab 1780 die zu Tode Verurteilten laut Verordnung nach Sonnenuntergang in ein Massengrab werfen musste und sie nicht mehr – wie vorher üblich –  monate- oder sogar jahrelang am Galgen hängen ließ, bis die Überreste von Wetter und wilden Tieren beseitigt wurden. Das war sicherlich kein schöner Anblick – genau wie das unter Denkmalschutz stehende Häuschen selbst, das heute leer steht und leider zusehends verfällt.

Scharfrichterhaus in der Neukommgasse 26 (c) STADTBEKANNT Zohmann

Scharfrichterhaus in der Neukommgasse 26 (c) STADTBEKANNT Zohmann

Entlang des Kanals

Galgen, Friedhof und Hölle hinter uns lassend, landen wir nun auf Höhe der Georg-Nikolaus-von-Nissen-Brücke am Beginn des 2.600 Meter langen „Kulturwegs Gneis am Almkanal“. Entlang dieser Strecke versorgen acht Schautafeln den wissensdurstigen Flanierer mit informativen Häppchen: Eine plaudert über die den Wasserkanal säumenden 500 Kopfweiden, deren Zweige wie Haare aus dem Ende ihres Stammes sprießen. Interessant: Sie prägten unser heutiges Wort „Wand“, da ihre „gewundenen“ Weideäste für den Bau mittelalterlicher Fachwerkhäuser verwendet wurden. Zudem verrät eine Tafel, dass sich in den Bäumen 20 Käferarten verstecken, von denen sieben im ganzen Land ausschließlich hier anzutreffen sind.

Kopfweide am Almkanal (c) STADTBEKANNT Zohmann

Kopfweide am Almkanal (c) STADTBEKANNT Zohmann

In den Laden

Mit dem guten Gefühl, schon wieder einmal viel weiser geworden zu sein, folgen wir dem Almkanal weiter Richtung Süden, während sich immer wieder malerische Ausblicke auf die Berge eröffnen. Wer Lust nach einer kleinen Shoppingpause verspürt, kann nach etwa einer Viertelstunde links in die Eduard-Macheiner-Straße einbiegen, wo einen zunächst die moderne Kirche St. Johannes Kapistran erwartet. Neben ihrem roten Turm, der seit den 1960er Jahren imposant in die Höhe ragt, befindet sich der Weltladen, der den nachhaltigen Konsumenten mit fairen Bio-Produkten aus den Bereichen Mode, Accessoires, Körperpflege und Lebensmittel erwartet.

Weltladen Gneis (c) STADTBEKANNT Zohmann

Weltladen Gneis (c) STADTBEKANNT Zohmann

Auf die Welle

Nach diesem Abstecher geht es nun beschwingt weiter am Almkanal, bis schließlich ein Rauschen an die Ohren des Spaziergängers dringt. Früher einmal schützte hier eine Schleuse die Stadt vor Überschwemmungen, indem sie Hochwässer in die umliegenden Moore umleitete. Heute befindet sich an dieser Stelle ein sprudelndes Nass, das vor allem sportlich Ambitionierte anlockt: Surfer versuchen sich immer wieder an der künstlich angelegten, einen halben Meter hohen und viereinhalb Meter breiten Welle – oft begleitet vom Jubel Schaulustiger am Rande des Kanals. Eine Umkleidekabine und ein WC sorgen für angemessenen Komfort.

Surfwelle am Almkanal (c) STADTBEKANNT Zohmann

Surfwelle am Almkanal (c) STADTBEKANNT Zohmann

Und jetzt ist es an uns zu jubeln – der Spaziergang ist geschafft. Nicht unweit von hier befindet sich die Bushaltestelle Birkensiedlung, von wo aus einen die Buslinie 5 wieder bequem in die Stadt zurückbringt.

STADTBEKANNT meint

Der Stadtteil Gneis hat einige interessante Geschichten auf Lager, die er uns während eines etwa einstündigen Spaziergangs anvertraut. Er berichtet vom Kommunalfriedhof als einem seiner bekanntesten Bewohner und von seiner düsteren Vergangenheit als Richtstätte. Zwischendurch lässt er uns eine Shoppingpause im Weltladen einlegen und entführt uns schließlich an den malerischen Kulturweg am Almkanal, der den Spaziergang mit interessanten Informationen auflockert.

Wo wir waren

Kommunalfriedhof
Gneiser Straße 8, 5020 Salzburg

Gasthof Hölle
Dr.-Adolf-Altmann-Str 2, 5020 Salzburg

Weltladen Gneis
Berchtesgadner Straße 72, 5020 Salzburg