Eine ausgedehnte Spazierrunde 

Bergheim, Lengfelden, Radeck – heute steht eine etwas umfangreichere Runde auf dem ambitionierten Spazierprogramm. Aber es lohnt sich, stößt man hier doch auf interessante Geschichten und stylische Lokale.

Vom Dorfplatz in Bergheim geht es am Uferweg der Fischach entlang bis zur Mission Maria Sorg, dann die Lamprechtshausener Straße in südliche Richtung bis Radeck. Von dort aus endlich hoch hinaus zur Wallfahrtskirche und dann wieder zurück nach Bergheim.

Eine Kirche begrüßt

Mit drei hellen und zehn dunklen Glockenschlägen begrüßt uns das hübsch auf einer Erhöhung gelegene Kirchlein mit barockem Kopfschmuck. Es ist 10:00 Uhr, als wir die Stufen zur Pfarrkirche Bergheim und dem dazugehörigen Friedhof emporsteigen. Vor über 1.000 Jahren hieß es hier schon „Percheim“ – der Wortteil „Berg“ bezog sich auf die hohe Lage der Kirche, das „Heim“ auf die Siedlung rundherum. Heute blickt man von oben auf den hübschen Dorfplatz, dominiert vom Genussdorf des Gmachl Wellnesshotels. Am Fuße des Kirchenhügels hat es sich die Bäckerei Rößlhuber bequem gemacht. Ein für unsere Zwecke strategisch wertvoller Standort – denn wir stärken uns im Café, bevor die große Spazierrunde beginnt.

Dorfplatz mit Bäckerei Rösslhuber und Pfarrkirche Bergheim (c) STADTBEKANNT Zohmann

Dorfplatz mit Bäckerei Rösslhuber und Pfarrkirche Bergheim (c) STADTBEKANNT Zohmann

Eine Ache erzählt

Der Maria Plain Rundweg beginnt wie viele andere Weg-Varianten am Dorfplatz. Bei der Schule führt der Spazierweg zunächst ein Stück an der Lamprechtshausener Straße entlang, wird aber schon bald von einer sich aufbäumenden Allee in Schutz genommen. Und da begrüßt auch schon die Fischach den sportlichen Spaziergänger und wird ihm nun längere Zeit nicht mehr von der linken Seite weichen. Während wir den idyllischen Uferweg flott entlangmarschieren, plaudert die Ache aus dem Nähkästchen der Vergangenheit: Sie erzählt von den zahlreichen Fischlein, die sich einst in ihrem Wasser tummelten und dass sie in Folge eines Hochwassers von 1954, bei dem sie frech und zerstörerisch über ihre Ufer trat, regulierend in ihre Schranken gewiesen wurde. Wir passieren Reste des Fischachwaldes, in dem sich laut Beschilderung wohl Ringelnatter, Bergmolch und Weidenmeise recht wohl fühlen.

Fischach (c) STADTBEKANNT Zohmann

Fischach (c) STADTBEKANNT Zohmann

Ein Heiliger fällt ins Wasser

Lang ist er, der Uferweg. Doch schließlich passieren wir den Gasthof Bräuwirth und stoßen auf die Mattseer Landstraße. Einst führte an dieser Stelle eine schlichte Holzbrücke über die Fischach. Ersetzt wurde sie durch eine massivere, die damals vom Dombaumeister höchstpersönlich erbaut wurde. 1963 war auch die dem Verkehr nicht mehr gewachsen und wurde abermals ersetzt. Was blieb: Das Wappen des Fürsterzbischofs von Raitenau, unter dem die zweite Brücke entstanden war. Am südlichen Ende steht der steinerne Nepomuk, der zeitgleich mit der aktuellen Brücke das Licht der Welt erblickte. Seine friedvolle Haltung verrät nichts von dem grausamen Tod, der ihn ereilte und zum Schutzheiligen der Brücken machte: Johannes Wölflein aus Pomuk, wie der Heilige mit bürgerlichem Namen hieß, war der Legende nach Beichtvater der Königin von Böhmen. Ihr misstrauischer Ehemann wollte ihr Beichtgeheimnis erfahren, doch Johannes wollte ihm nichts verraten. So wurde er vom König gefoltert und in den reißenden Fluss der Moldau geworfen.

Fischach-Brücke (c) STADTBEKANNT Zohmann

Fischach-Brücke (c) STADTBEKANNT Zohmann

Eine Bohne wird gemahlen

Wer auf der nördlichen Seite der Fischachbrücke nun der Maria-Sorg-Straße folgt, gelangt zum gleichnamigen Missionshaus. Ursprünglich war das Gebäude eine Papiermühle – praktisch für die Missionare, die das kleine Wasserkraftwerk der Mühle nutzten, um eigenes Papier herzustellen. Man versorgte sich gar selbst mit Strom und konnte so eine eigene Missionsdruckerei betreiben. Die Werke wurden in afrikanischen Sprachen gedruckt und übers Meer in Kisten verschickt. Seit 2004 gibt es in Maria Sorg ein Missionsmuseum, das nach Terminvereinbarung besichtigt werden kann.

Missionshaus Maria Sorg (c) STADTBEKANNT Zohmann

Missionshaus Maria Sorg (c) STADTBEKANNT Zohmann

Wieder zurück bei der Fischachbrücke, geht es nun in südliche Richtung die wenig ansprechende und dicht befahrene Landstraße entlang. Aber der Weg lohnt sich! Denn bald erreichen wir das Mahlwerk in der Moosfeldstraße: Ein liebevoll designtes Café, das sich gegen Abend in eine moderne Bar und samstags hin und wieder in eine coole Eventlocation verwandelt. Kaffeespezialitäten stehen im Mittelpunkt – aber auch schmackhafte Snacks, eine umfangreiche Auswahl an Tees, österreichischen Weinen und regionalen Bieren stehen auf der Karte.

Mahlwerk (c) STADTBEKANNT Zohmann

Mahlwerk (c) STADTBEKANNT Zohmann

Eine Basilika erzählt düstere Geschichten

Frisch gestärkt unterqueren wir die dicht befahrene Straße und spazieren nun endlich den Plainwaldweg Richtung Wallfahrtskirche. Zu Beginn erspähen wir aber in Radeck auf einem hohen Hügel ein anderes gelbes Gebäude. Einst stand hier eine mächtige Burganlage – übrig geblieben sind heute von der Radecker Burg nur noch die um 1516 errichtete Kapelle und ein zweigeschossiger Bau. Während wir uns weiter über die Waldstraße stetig dem heutigen Höhepunkt des Spaziergangs nähern, holen uns erneut düstere Gedanken ein: Max Gandolph ließ die erste Wallfahrtskirche in Maria Plain erbauen. Das freut uns – aber der Erzbischof hatte zudem auch das Leben von 140 „Hexen“ und „Zauberern“ auf dem Gewissen, die während seiner Regierung 1668 und 1687 hingerichtet und zu Tode gefoltert wurden. Zwei Drittel der Opfer waren Kinder und Jugendliche – das jüngste 10 Jahre, das älteste 80 Jahre alt. Mit jedem Schritt versuchen wir, dieses Wissen hinter uns zu lassen, um den Anblick der schönen Basilika genießen zu können.

Maria Plain (c) STADTBEKANNT Zohmann

Maria Plain (c) STADTBEKANNT Zohmann

Nachdem wir uns im Schatten der großen Linde ein wenig ausgeruht haben, beginnt nun der kurzweilige Fußmarsch, vorbei am paxnatura Friedhof, zurück nach Bergheim. Müde und zufrieden kommen wir gegen 13:00 Uhr wieder am Dorfplatz an. Zum Abschluss steht der Franz zur Einkehr bereit: Der Wirt. Der Metzger. Der Brauer. Sie alle sind im Genussdorf versammelt. Beim Brauer kann mittwochs in die Kupferkessel gespäht und Bier verkostet werden. Das hauseigene heißt – wie sollte es anders sein – Franz. Auch der Dorfladen ist einen Besuch wert, wo es allerlei Feines zu erstehen gibt. Ein genussvoller Abschluss für einen ausgedehnten Spaziergang!

Franz - der Brauer (c) STADTBEKANNT Zohmann

Franz – der Brauer (c) STADTBEKANNT Zohmann

STADTBEKANNT meint  

Bei einer längeren Spazierrunde, die etwas Durchhaltevermögen verlangt, lauschen wir den sprudelnden Geschichten der Fischach, begegnen einem Brückenheiligen und ambitionierten Missionaren, kehren ins stylische Mahlwerk ein, erklimmen Maria Plain und trinken zum Abschluss ein kühles Franz im Genussdorf.

 

Hotspots

Bäckerei Rößlhuber – Dorfstraße 16
Mo-Sa 06:00 – 18:00 Uhr
So 08:00 – 18:00 Uhr

Mahlwerk – Moosfeldstraße 2
Mo-Fr 09:00 – 24:00 Uhr
Sa 17:00 – 24:00 Uhr

Hotel Gmachl – Dorfstraße 35
Der Wirt
Mo-Fr 11:00 – 24:00 Uhr
Sa 17:00 – 24:00 Uhr
Der Brauer immer Mi 17:00 – 23:00 Uhr

 

Route