Entlang der Müllner Stadtmauern

Dass es wahrlich nicht auf die Größe ankommt, beweist der kleine Stadtteil Mülln. Denn der hat es historisch und gegenwärtig ganz schön in sich. Auf unserem Spaziergang besuchen wir die Müllner Stadttore. 

Der Name ist nicht weit hergeholt: „Mülln“ kommt, wie zu erwarten, von den vielen Mühlen, die die alte Vorstadt einst beherrschten. Genährt wurden sie vom Riedenburgbach, in dessen gewundenem Bachtbett sich heute fröhlich der Müllnerarm des Almkanals tummelt. Er ist übrigens der älteste Teil des Kanals, denn seine Ursprünge reichen bis ins 8. Jahrhundert zurück. Früher umgaben noch schützende Wehrtürme und Mauern die kleine Stadt, durchsetzt mit fünf Toren. Genau diesen Toren statten wir heute einen Besuch ab. Auch wenn wir uns die meisten davon vorstellen müssen – denn nur mehr eines ist vollständig erhalten. Dabei begegnen wir auch einem angeschwemmten Bären, einem Gasthof mit beachtlichen PS und einem mysteriösen Brunnenloch.

Mülln als „must-see“ für Händler aus dem Norden

Kam man als Händler aus Nordeuropa, Bayern oder Tirol, war Mülln sozusagen ein „must-see“ – denn die alte Vorstadt war die einzige Möglichkeit, von Norden aus in die Stadt zu gelangen. An der Kreuzung Lindhofstraße und Augustinergasse mussten die Fuhrwerke erst einmal Halt machen und ihre Waren im „Waaghaus“ auf Höhe der Hausnummer 7 registrieren und abwiegen lassen. Hier in der Nähe befand sich auch schon das erste der fünf Stadttore, das Wartelsteintor. Von dort aus zogen die Mauern ihre Bahnen Richtung Bärengässchen. Die Augustinergasse führt in ihrer malerischen Weise zur Pfarrkirche. Allein durch ihren Anblick wird man gedanklich ein paar Jahrhunderte in die Vergangenheit versetzt.

Müllner Stadttore: Augustinergasse (c) STADTBEKANNT Zohmann

Müllner Stadttore: Augustinergasse (c) STADTBEKANNT Zohmann

Ein angeschwemmter Meister Petz

Bei der Pfarrkirche angekommen, lohnt ein kurzer Anstieg zur Müllner Schanze, denn der Ausblick bietet einen besonderen Genuss. Manche streben an dieser Stelle sogar noch nach Höherem – ausgerüstet mit Klettergurt und Seil. Denn hier befindet sich der Kletterparcours der Müllner Schanze. Wer die Aussicht ausgekostet hat, kann weiter Richtung Müllner Hauptstraße ziehen. Dort grüßt auf der gegenüberliegenden Seite bereits ein Müllner Urgestein – immerhin gibt es den Bärenwirt schon seit mehr als 350 Jahren. Im dahinter abzweigenden Bärengässchen befand sich einst die fürsterzbischöfliche Mühle. Und genau hier soll im Jahre 1562 ein zotteliger Meister Petz angeschwemmt worden sein, dem die Gasse ihren bärigen Namen verdankt. Gleichsam sind wir hier auch am zweiten Müllner Tor angelangt, einem Tränktor, das das Vieh Richtung Salzachgässchen zum kühlen Nass führte. Und auch das 130 Meter lange Salzachgässchen verfügte über ein eigenes Tränktor.

Salzachgässchen (c) STADTBEKANNT Zohmann

Salzachgässchen (c) STADTBEKANNT Zohmann

Mülln hat mehr PS

Den oberen Abschluss des steilen Salzachgässchens bildet die Müllner Kreuzung. Von hier aus schauen wir nun kurz nach rechts in die übertunnelte Gaswerkgasse. Wären wir vor dem Jahre 1905 an dieser Stelle gestanden, hätten wir noch in die „Schergengasse“ geblickt, wo früher einmal das gleichnamige „Schergentor“ stand. Auffallend an der Gaswerkgasse ist ihre Einkerbung und relativ steiles Gefälle. Der Grund dafür liegt in ihrer Vergangenheit: Denn einst war sie Entlastungsgerinne der drei großen Mühlen im Salzachgässchen. Begeben wir uns nun wieder in die Situation eines fahrenden Händlers längst vergangener Zeiten: Wir haben unsere Waren registriert und wollen mit unserem großen Fuhrwerk endlich in die Stadt. Vor die letzte Herausforderung stellt uns der Müllner Hügel, der damals noch um einiges höher und damit für schwere Kutschen nicht leicht zu erklimmen war. Freund und Helfer in solch einer Situation war der Augustiner Braugasthof Krimpelstätter, der heute noch seine Gäste willkommen heißt. Damals hatte er als Vorspannwirtshaus mehrere Pferde, die beim Anstieg zugespannt wurden. Vom obersten Punkt aus konnten die Händler dann wieder ohne Hilfe gemächlich durchs Klausentor in die Stadt rollen.

Müllner Stadttore: Gaswerkgasse (c) STADTBEKANNT Zohmann

Müllner Stadttore: Gaswerkgasse (c) STADTBEKANNT Zohmann

Ein mysteriöses Brunnenloch

Ein Tor bleibt noch übrig – auf unserem Weg durchs Landeskrankenhaus landen wir aber zuerst noch im Hof hinter der Medizin. Dort steht ein geheimnisvolles, übergittertes Bauwerk, bei dem ein Stiegenabgang in die Tiefe führt. Dieses „Brunnenloch“ wurde zufällig in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt und beschäftigt seitdem Historiker und Bauforscher, die sich über dessen Sinn und Zweck nicht ganz im Klaren sind. Vielleicht war es ein römisches Kaltbad, ein Tauf-Raum oder gar ein jüdisches Frauenbad – diese Frage bleibt bis heute ungeklärt.

Brunnenloch (c) STADTBEKANNT Zohmann

Brunnenloch (c) STADTBEKANNT Zohmann

Und zum krönenden Abschluss können wir doch noch ein originales Stadttor bewundern: Von außen hui, von innen – zwar nicht pfui – aber weit weniger prunkvoll, präsentiert sich das Mülleggertor beim St.-Johannes-Spital. Schließlich mussten ja nur fremde Neuankömmlinge beeindruckt werden, nicht jene, die wieder gingen. Das Tor trägt das Wappen des Erzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau, der es errichten ließ. Damals führte das Tor jedoch noch nicht zum Spital, sondern zum ansehnlichen Schloss Müllegg, das im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Mit sechs Türmchen ausgestattet, muss es hier wahrlich royal zugegangen sein. Es bewohnte zuletzt die Familie Grimming, eine in Salzburg weit verbreitete Adelsfamilie. 150 Jahre später ließ Erzbischof von Thun und Hohenstein das Spital errichten, das Schloss wurde abgerissen. Hier sollten „Pilgrime und Kranke“ Versorgung finden – damit wollte der Erzbischof das „Stromertum“ in geregelten Bahnen aus dem Erzstift nach Mülln verlagern.

Mülleggertor (c) STADTBEKANNT Zohmann

Mülleggertor (c) STADTBEKANNT Zohmann

STADTBEKANNT meint

Als einziger nördlicher Zugang zur Stadt Salzburg war die alte Vorstadt Mülln ein wichtiger Ort, an dem die Händler halten und ihre Waren registrieren mussten. Heute wandeln wir auf den Spuren der Vergangenheit der Müllner Stadttore: Auch wenn die alte Wehrmauer und die Stadttore zum großen Teil nicht mehr erhalten sind, so können wir doch an ihren ehemaligen Standorten ihren Geschichten lauschen.

 

Wo wir waren

Bärenwirt – Müllner Hauptstraße 8
Täglich 11:00 – 23:00 Uhr

Augustiner Braugasthof Krimpelstätter – Müllner Hauptstraße 31
Di-Sa 11:00 – 23:00 Uhr

 

Route Müllner Stadttore