Haydns Klänge in der Altstadt

Am Geburtstag von Johann Michael Haydn begeben wir uns mit Fremdenführerin Sylvia Herites auf Spurensuche des Komponisten.  

Wer 838 Werke in seinem Leben komponieren kann, zählt wahrlich nicht zu den musikalischen Leichtgewichten. Und doch wissen die Salzburger oft recht wenig über „ihren Hans-Michel“, der in der Stadt immerhin 43 Jahre lang den Ton angab. Heute steht er unverdient im Schatten seiner Zeitgenossen, dem knapp 20 Jahre jüngeren Mozart und seinem älteren Bruder Joseph Haydn. Licht in dieses Dunkel bringt Fremdenführerin Sylvia Herites: Mit einer interessanten Spezialführung geleitet sie rund um Haydns Geburtstag am 14. September durch die Altstadt und erzählt aus seiner Vergangenheit.

Ein Zufall führt nach Salzburg

Schon seit 50 Jahren macht Sylvia Herites verschiedene Themenführungen in Salzburg. Das heutige Thema liegt ihr aber besonders am Herzen: Denn während man von Mozart, der sich sogar in den Beinamen der Stadt geschlichen hat, regelrecht überschwemmt wird, fällt es Michael Haydn in diesem Strom leider etwas schwer, sich über Wasser zu halten. Und das wird dem großen Komponisten gar nicht gerecht. Die Führung beginnt im Stift St. Peter, denn hier nahm alles seinen Anfang: Als Haydn 1763 einer eher zufälligen Einladung nach Salzburg folgte, wurde er sogleich als „Hofmusicus und Concertmeister“ des Fürsterzbischofs angestellt und sollte bis zu seinem Lebensende in der „Mozartstadt“ bleiben.

Sylvia Herites (c) STADTBEKANNT Zohmann

Sylvia Herites (c) STADTBEKANNT Zohmann

Die Lippin mit dem Putzproblem

So manches Wissensschmankerl wird verpasst, wenn man an Gedenktafeln unachtsam vorbeigeht. So verkündet die Tafel an einem Haus bei der Talstation der Festungsbahn, dass Michael Haydn hier 40 Jahre lang wohnte. Aber auch die anderen Bewohner des „St. Petrischen Hauses am Friedhof“ konnten sich sehen lassen: Im obersten Stockwerk residierte der italienische Maler Pietro Antonio Lorenzoni, aus dessen Pinsel unter anderem die berühmten Kinderporträts von Wolferl und Nannerl stammen. Im Erdgeschoß lebte der Domorganist Franz Lipp, an dem Hans-Michel wohl vor allem das Töchterlein Maria Magdalena interessierte. Schon bald heirateten die beiden und bezogen das mittlere Stockwerk. Die Hofsingerin hatte aber ein nicht unwesentliches Problem: Sie war „putzsüchtig“ – nein, sie hatte keinen Sauberkeitsfimmel, sondern sie liebte es, sich „aufzuputzen“, war also der Kaufsucht verfallen und das Geld war immer knapp. Das zeigte sich nur allzu deutlich auch nach Haydns Tod, denn Maria Magdalena verkaufte sogar seinen Schädel um beachtliche 36 Gulden.

Wohnhaus von Michael Haydn (c) STADTBEKANNT Zohmann

Wohnhaus von Michael Haydn in der Festungsgasse (c) STADTBEKANNT Zohmann

Ein teuflisch guter Schüler

Lange Zeit lag der wertvolle Schädel in der Stiftskirche St. Peter in einer Urne am Monument, das in Gedenken an den großen Musiker errichtet wurde. Schließlich war er nicht nur Meister der Kirchenmusik, er war auch Wegbereiter des Männerchors. Zu diesem Zweck trafen sich die Herren regelmäßig im Gasthaus des Stifts zum Gesang, wo sich heute der Haydn-Saal des Stifskulinariums befindet. Außerdem unterrichtete er im Kapellhaus und brachte berühmte Schüler wie Carl Maria von Weber und Anton Diabelli hervor – letzterer hieß übrigens ursprünglich „Dämon“, hatte das Teufelchen aber geschickt in der italienisierten Form seines Namens versteckt. Da wir in der Kirche sind, wollen wir aber besser nicht vom Teufelchen sprechen: Wir bewundern stattdessen das Haydn-Denkmal mit großem Kreuz, das sich in der, vom Eingang aus gesehen, vierten Seitenkapelle versteckt. Vielleicht ist es so manchem Salzburger bisher noch verborgen geblieben.

Kapellhaus in der Sigmund-Haffner-Gasse (c) STADTBEKANNT Zohmann

Kapellhaus in der Sigmund-Haffner-Gasse (c) STADTBEKANNT Zohmann

Ein Kutscher bringt den Tod

Immer wieder dreht Sylvia Herites an abgeschiedenen Orten ihren Lautsprecher auf, den sie sich wie einen Gürtel um die Mitte schnallt. Denn was wäre eine Führung über einen Musiker ohne seine Musik? So lauschen wir auch dem Requiem, das dem von Mozart recht ähnelt – jedoch 20 Jahre früher geschrieben wurde. Es war also Mozart, der sich ehrerbietend an den Haydnischen Klängen orientierte und nicht umgekehrt. Am Petersfriedhof beim Aufgang zu den Katakomben sehen wir schließlich auch das Grab von Michael Haydn. Nachdem ihm zwei Unfälle zu schaffen machten – er rutschte am eisigen Petersfriedhof aus, wurde von einer vorbeifahrenden Kutsche an die Kirchenwand gedrückt und erlitt innere Verletzungen – starb er im Jahre 1806. Heute liegt er hier neben Mozarts Schwester Nannerl. Scheint passend, stehen doch beide im Schatten ihrer Brüder.

Grab beim Aufgang zu den Katakomben (c) STADTBEKANNT Zohmann

Grab beim Aufgang zu den Katakomben (c) STADTBEKANNT Zohmann

STADTBEKANNT meint

Wer in der Stadt den Ton angibt, wird schon an ihrem Beinamen deutlich: Doch gab es zahlreiche berühmte und talentierte Musiker, die ebenso in der „Mozartstadt“ wirkten. Michael Haydn schrieb 838 Werke und lebte 43 Jahre lang in Salzburg, war Wegbereiter der geistlichen Musik, Verfechter des Männerchors und ein ausgezeichneter Lehrer. Die Fremdenführerin Sylvia Herites führt mit Charme, Witz und umfangreichem Wissen über den Komponisten durch die Altstadt. Auf den Spuren Haydns erfährt man Interessantes über sein Leben, seine Werke und lauscht sogar den Klängen seiner Musik.

 

Über Sylvia Herites

Kontakt
Spezialführungen zu unterschiedlichen Themen
Die nächsten Führungen von Sylvia Herites finden am 11./12./13. und 14. September 2020 um jeweils 15:00 Uhr statt. Anmeldung unter 0699 / 12751527, Treffpunkt ist um 15:00 Uhr neben der Stiftskirche St. Peter.
Kosten: € 15,-