9 Dinge in der Altstadt, die Touristen übersehen

Getreidegasse, Universitätsplatz, Dom – was nach einer 0-8-15 Touri-Tour klingt, kann zu einem spannenden Spaziergang voll amüsanter Geschichten werden. Vorausgesetzt, man achtet auf oftmals unscheinbare, versteckte Details.

Versteckte Dinge (c) STADTBEKANNT Zohmann

Versteckte Dinge (c) STADTBEKANNT Zohmann

1 – Eine alte Mauer mit Kult

Der Sternbräuhof bietet einen geeigneten Ausgangspunkt unserer Tour. Dort plaudert eine kunstvolle Skulptur aus dem Nähkästchen: Der dunkle Turm stellt einen Teil der alten Stadtmauer dar und hat sich einen besonderen Standort erwählt. Denn wer den Blick gen Boden richtet, bemerkt eine goldene Linie, die den Verlauf dieses ehemaligen Walls markiert. Und noch interessanter: Wer dieser Linie folgt, landet im Bekleidungsgeschäft KULT, wo er tatsächlich auf die originale Stadtmauer stößt, die im Zuge des Umbaus entdeckt, freigelegt und restauriert wurde. Eine Rolltreppe führt weiter ins Untergeschoss, wo auch noch der alte Wehrturm zu sehen ist.

2 – Ein Vogel mit Identitätsstörung

Der Durchgang spuckt uns nun auf die belebte Getreidegasse und offenbart rechterhand ein Zunftzeichen mit einer amüsanten Geschichte: Ein blaues Tierchen präsentiert sich vor einem Hotel stolz im blechernen Blattkranz. Dass es sich um eine Gans handelt, ist allerdings auf ein Missverständnis zurückzuführen: Im Bauernkrieg 1525 ging ein Bürger nichts Böses ahnend am damaligen „Fasan“ vorbei, als plötzlich eine Kanonenkugel auf ihn niederschoss und sich in seinem bauschigen Mantel verfing. Der Geflügel-unkundige Glückspilz berichtete von dem Wunder, das sich vor dem Haus „mit der Gans“ zugetragen habe und machte damit kurzerhand dem Fasanen-Dasein ein Ende.

3 – Ein zünftiger Traditionsbetrieb

Eine weitere Sehenswürdigkeit versteckt sich im Durchgang bei der Getreidegasse 28. Wer sich in den dunklen Gang wagt, gelangt zu einem der ältesten Betriebe in Salzburg. Wie der schwarz-goldene Schlüssel bereits ankündigt, handelt es sich um die Schlosserei Wieber, die seit 1389 ihre Kunden bedient. Ein schmiedeeisernes Tor gibt den Blick auf einen hellen Innenhof frei, in dem linkerhand sogar noch ein ganz altes Zunftzeichen zu sehen ist. Früher war es üblich, in den hohlen Röhren ein eingerolltes Papierstück zu platzieren, auf dem das Datum der letzten Restaurierung vermerkt war. Ob sich wohl darin noch ein solches Röllchen befindet?

4 – Ein flüssiger Schatz

Immer noch bleiben wir in der Getreidegasse und schieben uns mit den Touristenmassen in Richtung jenes Orts, an dem einst das winzige Wolferl das Licht der Welt erblickte. Wir bleiben aber ein Stück davor auf Höhe der Nummer 19 stehen und richten den Blick wiedermal auf den Boden. Denn auch hier fließt ein Stück Geschichte und zieht verborgen und ruhig seine Bahnen durch die Stadt. In früheren Zeiten plätscherte der Salzburger Almkanal noch offen fröhlich vor sich hin. Heute ist er nur noch vereinzelt sichtbar, wie durch das durch die Getreidegasse laufende Gitter, über das die meisten Menschen unachtsam hinwegströmen.

5 – Ein Hai mit Bühnenerfahrung

Wir verlassen nun die Getreidegasse bei Nummer 3 und passieren das nach dem Drechsler Josef Schatz benannte Durchhaus. Hier kommt man unter einem kuriosen Gebilde vorbei, das arglos von der Decke baumelt: Was so manch Unwissenden vor ein Rätsel stellt, ist ein getrockneter Haifisch, befestigt an einr Walrippe. Wirkt seltsam deplaziert inmitten der Innenstadt. Diese kuriosen Schaustücke erinnern aber an ein ehemaliges Kolonialwarengeschäft, das an diesem Ort mit dem Schiff gelieferte Waren wie Tee, Kaffee und Tabak verkaufte. Außerdem haben Wal und Hai schon illustre Bühnenerfahrung: Bei den Festspielen dienten sie als Deko-Elemente in Fausts Stube.

6 – Ein Pferd in der Kirche

Am Ende des Durchhauses erwartet einen der Universitätsplatz, den die Kollegienkirche beherrscht. Bei einem traditionellen Altstadtspaziergang ist dieses Gotteshaus sicherlich einen Abstecher wert. Aber auch bei unserer Geheimnissuche ist sie uns von Nutzen. Was im Inneren vielleicht nicht so auffällt, ist der dunkle Fleck am Boden. Er erzählt von Napoleons Besatzungszeit. Denn damals wurde die Kirche zum Pferdestall umfunktioniert und die französischen Soldaten, die sich ebenfalls darin aufhielten, entzündeten ein Feuer, um sich zu wärmen. Daher stammt der auch heute noch sichtbare Brandfleck.

7 – Ein abgehalfterter Löwe

Nächster Stop ist die Sigmund-Haffner-Gasse 16. Dort befindet sich der Langenhof, der seit 1713 auch als Palais Kuenburg bezeichnet wird und als einer der bedeutendsten Adelspaläste in Salzburg galt. In der Tordurchfahrt hat es sich der König der Tiere gemütlich gemacht: Die romanische Löwen-Skulptur hat fast 900 Jahre auf dem Buckel und beanspruchte einst einen viel prominenteren Standort: Ursprünglich hatte er sein Plätzchen im Virgil-Dom, einem mittelalterlichen Vorgänger des Salzburger Doms.

8 – Ein heiliger Schwur

Wenn wir aus dem Langenhof heraustreten, befindet sich gegenüber die Franziskanerkirche. An ihrem Hauptportal ist rechts über dem Boden eine Schwurhand zu sehen, die wohl von den meisten, die durch die Sigmund-Haffner-Gasse preschen, übersehen wird. Zu ihrer Bedeutung gibt es verschiedene Theorien: Die eine besagt, dass der Steinmetz des Portals mit diesem Zeichen schwor, keine zweite Pforte dieser Art zu schaffen. Eine andere sieht die Schwurhand als Symbol für Asyl: Wer sie berührte, wurde in die Kirche eingelassen, egal ob schuldig oder nicht. Oder aber das Zeichen diente dazu, alles Böse aus der Kirche fernzuhalten.

9 – Ein ungleiches Liebespaar

Letzte Station ist der Toscaninihof, den die meisten Menschen unachtsam durcheilen. In diesem Fall lohnt sich ein Blick nach oben aber sogar in zweierlei Hinsicht: Erstens erblickt man über dem Garagenzugang eine Frau, Teil des Kunstwerks Sphaera, zu dem auch der berühmte Mann auf der goldenen Kugel am Kapitelplatz gehört. Ob die beiden ein Traumpaar sind, bleibt dahingestellt: Immerhin bringt er stattliche 300 Kilogramm auf die Waage, während sie mit 1,40 Meter Größe eher von zierlicher Statur ist. Ein zweites Schmankerl im Hof ist die Freiluftorgel, eine der ganz wenigen ihrer Art weltweit.

STADTBEKANNT meint

9 interessante und amüsante Fakten in 13 Minuten Gehzeit. Die Altstadt hat es nicht nur für den Touristen in sich, der seinen Fokus auf andere Dinge richtet: Wo er Mozarts Geburtshaus, einen Marktplatz und einen Dom erblickt, stößt der kundige Salzburger auf ein verstecktes Mauerstück, ein Vogerl mit Identitätsstörung, einen vertrockneten Hai mit Bühnenerfahrung, einen abgehalfterten König der Tiere und ein ungleiches Liebespaar.